Darf ein Bass an den Gitarrenverstärker?

Gitarrenkombo als BassverstärkerDarf ich einen E-Bass am Gitarrenverstärker betreiben? Manch einer warnt davor, andere machen sich keine Sorgen. Was sind die Hintergründe?

Zunächst einmal: Historisch ist der Vox AC30 eigentlich als Bassverstärker geplant worden. Die Bassisten der damaligen Zeit waren gegenüber anderen Bandmitgliedern zu leise geworden und so wurden immer stärkere Verstärker für die Bassisten aufgelegt. Wohin das führt scheint heute klar: Der Vox AC30 ist nur noch als Gitarrenverstärker bekannt und Bassisten schleppen sich mit 250 Watt-Monstern ab.

Bassisten bevorzugen einen klaren Ton, benötigen deshalb eine hohe Leistung ohne das der Verstärker übersteuert. E-Gitarristen übersteuern gern den Verstärker und sorgen daher auch mit kleinen Röhrenverstärkern für eine (unerträgliche?) Lautstärke. Der AC30 liefert ohne Übersteuern eine gute Leistung und wird an der E-Gitarre zur Allzweckwaffe. Wenden wir den Blick in eine andere Richtung:

Für ein paar Euro gibt es bereits Transistorverstärker, die als Übungskombo für die Gitarre taugen. Für Bass-Übungen im Wohnzimmer sollten diese kleinen Biester eigentlich auch taugen. Spielt Ihr auch Bass und Gitarre? Dann bietet es sich an einmal einen Blick auf den Gitarrenkombo zu werfen, denn die billigen kleinen Bassverstärker unterscheiden sich offensichtlich nur wenig von Gitarrenkombos. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied:
Passive Bässe, insbesondere Precision-Modelle mit Single-Coils, erreichen nicht den notwendigen Pegel um einen Gitarrenverstärker anzusteuern. Der Ton klingt matt und ist nur bei Level 11 einigermaßen zu hören. Hier wird einfach zum Overdrive gegriffen. Den Overdrive gedrückt und über Gain eingestellt, entwickelt auch der passive Bass einen hörbaren Ton. Ein Gitarrenkombo übersteuert beim geringen Pegel eines passiven Basses nicht, der Eingang wird nur auf das erforderliche Maß für einen klaren Ton angehoben. Aktive Bässe erreichen den notwendigen Pegel bereits über den Vorverstärker im Bass, hier kann dann die Clean-Einstellung des Transitor-Verstärkers genutzt werden.

Bässe mit Humbucker liegen irgendwo dazwischen: Mancher Humbucker-Bass entwickelt über die doppelte Spule einen derartigen Bums, das der Pegel schon fast auf "Aktivem" Niveau liegt. Andere Bässe benötigen am Gitarrenverstärker trotz Humbucker einen moderaten Schub aus der Overdrive-Stellung. Hier muss man ein wenig experimentieren.

Der Bass belastet den Lautsprecher stärker als eine Gitarre. Der Lautsprecher geht dabei nicht sofort kaputt, der stärkere Hub beim Bass sorgt aber für etwas Verschleiß. Ein neuer Gitarrenverstärker wird dadurch schneller "eingespielt". Nach einer Stunde Bass-Übungen klingt der Lautsprecher wesentlich weicher und runder. Die Sicken in denen sich der Trichter und die Kalotte bewegen, werden schneller weich. Einen teuren Gitarrenkombo würde ich nicht dieser Behandlung unterziehen. Die üblichen günstigen 20Watt-Transitor-Kombos aus asiatischer Herstellung vertragen diese Behandlung dagegen ohne Murren, die kleinen 20 Watt Basskombos verwenden wahrscheinlich sogar die selben Lautsprecher wie Ihre Gitarren-Zwillinge.

Für Auftritte taugen Gitarrenkombos nicht als Bassverstärker. Die Leistung ist für das Band-Umfeld zu gering, als Schlafzimmer-Kombo der kleine Transistor-Verstärker aber allemale aus.