Transistor oder Röhrenverstärker, was macht den Unterschied?

Transistorverstärker GitarrenkomboSucht man einen Gitarrenverstärker, gibt es zwei Varianten: Transistorverstärker oder Röhrenverstärker.

Erfahrene Gitarristen schwören auf Röhrenverstärker, aber die Wattangaben auf Transistorverstärkern sind mit Röhrenverstärkern nicht zu schlagen. 5 Watt Leistung hat auch mein Radiowecker, aber der kann nicht gegen ein Schlagzeug anspielen. Also doch lieber Transistor-Technik?

Der Haupt-Unterschied zwischen beiden Bauweisen liegt im unterschiedlichen Schaltverhalten von Transistoren und Röhren, insbesondere beim Übersteuern. Verzerrten oder angezerrten Gitarrensound bekommt man, wenn das Eingangssignal eigentlich zu groß ist. Und genau das macht den Reiz aus.

Transistoren


Ein Transistor bietet im Normalbetrieb einen großen Leistungsbereich, in dem das Signal ohne Veränderungen verstärkt wiedergegeben wird. Innerhalb seines Leistungsbereichs werden Wellenformen sauber übertragen. Leistungsfähige Transistoren erlauben Verstärker-Schaltungen mit Ausgangsleistungen von mehr als 1000 Watt, es braucht lediglich eine passende stabile Spannungsversorgung.

Wird der Eingang eines Transistors übersteuert, schneidet er die Spitze der Kurve einfach an der Maximalspannung ab. Dabei entstehen "scharfe" Ecken, im Extremfall wird so aus der Sinuskurve des Eingangssignals ein Rechteck.

Kurvenverlauf Sinus bei Übersteuerung eines Transistorverstärker

Diese Rechtecke im Ausgangssignal äußern sich als bei leichter Übersteuerung als scharfes Kratzen. Aus einem ursprünglich weichen und warmen Ton wird ein harter, unangenehm rauher Ton. Das Schaltvermögen reicht über das gesamte hörbare Spektrum, Obertöne werden nicht abgeschwächt, sondern verstärkt in Rechteckform weitergegeben. Ein völlig übersteuerter Transistor gibt nur noch ein hartes Rauschen über das gesamte Frequenzspektum ab, vom ursprünglichen Ton ist nichts mehr zu hören.

Da bei Übersteuerung der Transistoren die volle Leistung auch in hohen Frequenzen durchgeschaltet wird, kann man mit diesem Ausgangssignal Hochton-Lautsprecher durchbrennen. Die Hochtöner von Hifi-Boxen bekommen durch Frequenzweichen beim normalen Signal nur geringe Leistungen mit, die Verzerrungen überlasten die Hochtöner. Bei Hifi-Anlagen sollte der Verstärker deshalb eine höhere Leistung als die Boxen haben.

Röhren


Röhren schalten weich und langsamer. Der Leistungsbereich in dem das Eingangssignal unverändert wiedergegeben wird, ist bei Röhren relativ klein. Wird das Eingangssignal stärker, beginnt eine Röhre bereits früh zu übersteuern und das Signal zu verändern.

Die Leistungsangabe bezieht sich immer auf ein nicht übersteuertes Ausgangssignal und dieser Bereich ist bei einem Röhrenverstärker klein. Für laute Hifi-Anlagen sind Röhren eher ungeeignet, bei einem Gitarrenverstärker beginnt hier der Spaß erst richtig.

Auch bei Röhren wird die Spannungsspitze der Wellenform begrenzt, allerdings wird die Spitze hier nicht einfach abgeschnitten. Der Kurvenverlauf bleibt rund. Eine Röhre nähert sich der Spannungsspitze an und fällt auch langsamer wieder ab. Es fehlt das binäre, digitale Schaltverhalten des Transistors.

Kurvenverlauf Sinus beim Übersteuern eines Röhrenverstärker

Erst mit extremer Übersteuerung nähert sich der Kurvenverlauf der Rechteckform an. Dieser Leistungsbereich wird allerdings auch bei Gitarrenverstärkern nicht mehr genutzt.

Da die Röhre vergleichsweise langsam schaltet, bleiben beim Übersteuern die hohen Frequenzen auf der Strecke. Hochfrequente Spannungsspitzen werden von der Röhre gleichsam ausgefiltert, der Ton bleibt warm und rund.

An der Gitarre leistet ein Röhrenverstärker also deutlich mehr als auf dem Etikett angegeben, bei einem Transistor-Verstärker ist tatsächlich bei der angegebenen Wattzahl die Höchstleistung erreicht.